Explosionsschutz: Sicherer Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus in Unternehmen

14.06.2022

Lithium-Ionen-Akkus werden seit Anfang der 90er-Jahre im gewerblichen und privaten Bereich eingesetzt. Sie haben viele Vorteile für die Anwender, beispielsweise dass sie eine sehr große Menge an Energie speichern können. Aber: Der Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus ist nicht ganz ungefährlich.

Welche Risikofaktoren existieren und was Beschäftigte in Unternehmen beachten sollten im Umgang mit den Lithium-Ionen-Akkus, erklärt Philip Dehm, Fachkraft für Arbeitssicherheit bei B•A•D.

Lithium-Ionen-Akkus sind gefährlich

In welchen Geräten stecken Lithium-Ionen-Akkus?

Philip Dehm: Diese Akkus betreiben heutzutage sehr viele Geräte – angefangen vom Smartphone über den Laptop, Tablet, in E-Autos, E-Bikes und Fotokameras, bis hin zur Akkubohrmaschine oder Elektroameise zur Kommissionierung in Lagern. Teilweise kommen sie auch in Elektrostaplern vor.

Warum können Lithium-Ionen-Akkus so gefährlich werden?

Dehm: Ein Beispiel: Bei einer Fotokamera oder einem E-Bike kann es sehr schnell passieren, dass die Geräte ungünstig zu Boden gehen. Dadurch kann ein spezielles Bauteil in dem Akku, ein Separator, Schaden nehmen. Normalerweise trennt der Separator die Kathode und Anode in einer Akkuzelle räumlich und isoliert sie elektrisch voneinander, um Kurzschlüsse zu vermeiden. Kann der Separator seine Aufgabe, einen Kurzschluss zu verhindern, auch schon durch einen leichteren Sturz des Geräts nicht mehr erfüllen, kann dies zu einem Brand führen. Nicht umsonst unterliegen die Lithium-Ionen-Batterien den Gefahrgutvorschriften. Lithium-Batterien werden im Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) und in der Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr (RID) als Gefahrgut der Klasse 9 (verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände) verschiedenen sogenannten UN-Nummern zugeordnet, beispielsweise für Lithium-Metall-Batterien ist es die UN 3090. Häufig ist auf Paketen mit Akkus oder wiederaufladbaren Batterien ein kleines Gefahrgutsymbol zu sehen. Und dennoch überwiegen insgesamt die Vorteile der hohen Energiespeicher über den Nachteilen eines gefährlichen Brandes.

Akkus sind nicht mit Wasser löschbar

Wenn es also richtig schlecht läuft nach einem Sturz mit einem E-Bike, könnte dieses in Flammen aufgehen?  

Dehm: Nein, nicht sofort. Die Akkus sind so konzipiert, dass sie kurze Stöße aushalten. Sind jedoch schon Risse an den Akkus erkennbar, sollte man diese definitiv nicht mehr verwenden. Allerdings sind kleinere Risse nicht so einfach zu erkennen, insbesondere bei Leihgeräten ist es schwer zu prüfen. Im Zweifelsfall sollte der Akku nicht mehr benutzt werden. Denn auch durch einen noch so kleinen Riss kann eine Flamme wie bei einer Silvesterrakete explosionsartig nach oben schießen.

Was passiert denn bei einem Brand eines Lithium-Ionen-Akkus?

Dehm: Brennenden Lithium-Ionen-Akku können wir nicht so einfach mit Wasser beikommen. Lithium-Ionen-Akkus beinhalten brennbare Stoffe, wie etwa Elektrolyt- und Kunststoffkomponenten. Zudem kommt bei beschädigten Lithium-Ionen-Akkus hinzu, dass sie den Sauerstoff, den das Feuer zum Brennen benötigt, selbst liefern. So hat die Feuerwehr leider oft keine andere Wahl, als beispielsweise in Flammen stehende E-Autos ausbrennen zu lassen.

Brandgefahr steigt mit dem Ladezustand

Im gewerblichen Bereich werden oft Akku-Schrauber oder andere Maschinen eingesetzt. Worin besteht hier die Gefahr?

Dehm: Unternehmen müssen folgende Fragen prüfen: In welchen Bereichen werden wie viele Akkus eingesetzt? Gibt es vielleicht Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsbereichen? Werden vielleicht noch brennbare Gefahrstoffe in der Nähe eingesetzt? In einer Gefährdungsbeurteilung erstellen wir zusammen mit dem Unternehmen ein Brandschutzkonzept oder – auch damit kombiniert – eine Explosionsschutz-Dokumentation.

Generell gilt: Je mehr ein Akku geladen ist, desto größer die Brandgefahr und heftiger ein möglicher Brand. Zum Glück passiert so etwas nicht täglich.

Ein Unternehmen habe ich kürzlich dahin gehend beraten, dass auf den Montagetischen täglich Hunderte von zu ladenden Akkus im Brandfall in eine spezielle Vorrichtung geschoben werden können und dann nichts weiter passieren kann.

Nur Originalladegeräte verwenden

Welche Tipps geben Sie Ihren Kunden beim sicheren Umgang mit den Lithium-Ionen-Akkus?

Dehm: Unternehmen müssen Sorge dafür tragen, dass die Brandlast um gelagerte Akkus so gering wie möglich gehalten wird. So dürfen beispielsweise bei geladenen Elektrostaplern im Umkreis von 2,50 Metern keine Brandlasten gelagert sein. Auch sollten geeignete Gel-Feuerlöscher in der Nähe sein.

Auch vertragen die Akkus nur bestimmte Temperaturen beim Ladevorgang: Minustemperaturen sind genauso schlecht wie Extremtemperaturen von 40 Grad Celsius. Eine Betriebsanweisung der Akkus spezifiziert nochmals die Temperaturskala. In jedem Fall sollte der Ladevorgang beaufsichtigt werden. Gerade beim Ladevorgang kann es bedingt durch Fehlfunktionen zu Bränden kommen. Ein weiterer Tipp: Verwenden Sie immer nur Originalladegeräte. Nur hier kann gewährleistet werden, dass der Ladevorgang stoppt, sobald der Akku vollständig geladen ist. Bei einem kleineren Kurzschluss im Gebäude schaltet sich das Ladegerät automatisch ab.

Was sollten Beschäftigte im Falle eines Brandes der Lithium-Ionen-Akkus tun?

Dehm: Wichtig ist eine geeignete Löschtaktik im Rahmen eines Brandschutzkonzeptes mit entsprechenden Löschfunktionen. Also beispielsweise geschlossene Boxen, in die man die brennenden Akkus werfen oder schieben kann, und die sich dann gefahrlos ins Freie transportieren lassen. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren Gefahrstoffschränke.

Quelle:Sicherer Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus in Unternehmen | Arbeitsschutz | Haufe