Forscher entwickeln neuartige Sauerstoff-Ionen-Batterie
27. März 2023
Sauerstoff statt Lithium: Forscher haben eine neuartige Feststoffbatterie erfunden – den Sauerstoff-Ionen-Akku. Seine Elektroden bestehen aus keramischen Metalloxiden, zwischen denen beim Laden und Entladen Sauerstoff-Ionen ausgetauscht werden. Die Energiedichte dieser Batterien ist zwar niedriger als bei Lithium-Ionen-Akkus, dafür sind sie nicht brennbar, langlebig und laufen am besten bei hohen Temperaturen. Die Sauerstoff-Ionen-Akkus könnten daher als Stromspeicher für Wind- und Solaranlagen dienen, wie das Team berichtet.
Bisher sind Lithium-Ionen-Akkus allgegenwärtig und nahezu unverzichtbar. Doch die Batterien können explodieren, haben eine begrenzte Kapazität und ihre Rohstoffe, darunter vor allem Lithium und Kobalt, sind knapp. Deshalb suchen Wissenschaftler schon länger nach Alternativen. Im Test sind bereits verschiedene Feststoffbatterien sowie alternative Elektrodenmaterialien wie Natrium, Aluminium, Silizium oder sogar das Mineral Pyrit.
Sauerstoff-Ionen als Ladungsträger
Eine weitere Alternative haben nun Forscher der Technischen Universität Wien entwickelt: die Sauerstoff-Ionen-Batterie. Diese Dünnschicht-Feststoffbatterie nutzt keramische Metalloxide mit Perowskitstruktur als Elektroden. „Wir haben schon seit längerer Zeit Erfahrung mit keramischen Materialien gesammelt, die man für Brennstoffzellen verwenden kann“, sagt Erstautor Alexander Schmid. „Das brachte uns auf die Idee, zu untersuchen, ob solche Materialien vielleicht auch dafür geeignet wären, eine Batterie herzustellen.“
Als Ladungsträger dienen in der neuartigen Batterie zweifach negativ geladene Sauerstoff-Ionen statt der gängigen Lithium-Ionen. Wird unter Luftabschluss eine Spannung angelegt, kommt es zu elektrochemischen Reaktionen, durch die diese Ionen von einer Elektrode zur anderen wandern. Beim Entladen kehrt sich dieser Prozess um. „Das Grundprinzip ist eigentlich sehr ähnlich wie bei der Lithium-Ionen-Batterie“, sagt Seniorautor Jürgen Fleig.
Keramische Oxide als Elektroden
Konkret besteht die Kathode der neuen Feststoffbatterie aus einer Perwoskit-Verbindung aus Lanthan, Strontium und Eisenoxid (La0.6Sr0.4FeO3-δ; LSF) und einer Anode aus Lanthan, Chrom, Strontium, Mangan und Sauerstoff (La0.5Sr0.5Cr0.2Mn0.8O3-d; LSCrMn). „Sie bestehen damit größtenteils aus häufig vorkommenden Elementen und können auf kritische Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt völlig verzichten“, erklärt das Team.
Der Prototyp der Batterie verwendet zwar noch das relativ teure Lanthan, doch auch dieses lässt sich künftig ersetzen. „In diesem Punkt ist die Verwendung von keramischen Materialien ein großer Vorteil, weil sie sehr gut angepasst werden können“, sagt Koautor Tobias Huber. „Man kann relativ problemlos bestimmte Elemente, die nur schwer zu bekommen sind, durch andere ersetzen.“ Entscheidend für die Funktion der Batterie ist nur, dass das Material Leerstellen in seinem Kristallgitter besitzt, die Sauerstoff-Ionen aufnehmen und abgeben können.
Energiedichte geringer als bei Lithium-Ionen-Akkus…
In ersten Tests erreichte der Sauerstoff-Ionen-Akku eine Coulomb-Effizienz von mehr als 99 Prozent und eine Energiedichte von 70 Milliwattstunden pro Kubikzentimeter. Das ist nur rund ein Drittel der Energiedichte von Lithium-Ionen-Akkus. Zudem erreicht der neue Akku seine besten Leistungen bei relativ hohen Temperaturen von über 200 Grad – einem Bereich, in dem gängige Akkus meist nicht mehr funktionieren.
Für Smartphones oder Elektroautos ist das neue Batterie-Konzept daher nicht geeignet, wohl aber für stationäre Energiespeicher beispielsweise für Strom aus erneuerbaren Energien. „Wenn man einen großen Energiespeicher benötigt, um Solar- oder Windenergie zwischenzuspeichern, wäre die Sauerstoff-Ionen-Batterie eine hervorragende Lösung“, sagt Schmid. „Wenn man ohnehin ein ganzes Gebäude mit Energiespeicher-Modulen errichtet, spielt die geringere Energiedichte und erhöhte Betriebstemperatur keine entscheidende Rolle.“
…aber mehr Langlebigkeit und Sicherheit
Zudem hat die Sauerstoff-Ionen-Batterie einige Vorteile gegenüber gängigen Lithium-Ionen-Akkus: Weil sie nur aus festen, nicht brennbaren Oxiden besteht, kann sie sich nicht entzünden. Explosionen oder Brände wie bei Lithium-Ionen-Akkus kommen bei ihr daher nicht vor. Noch wichtiger jedoch ist die größere Langlebigkeit der Sauerstoff-Batterie. Bei gängigen Batterien gehen die ionischen Ladungsträger nach und nach durch elektrochemische Reaktionen verloren und lagern sich ab.
Bei der Sauerstoff-Ionen-Batterie hingegen lassen sich die Ladungsträger problemlos regenerieren: Wenn Sauerstoff durch Nebenreaktionen verloren geht, dann kann der Schwund einfach durch Sauerstoff aus der Umgebungsluft ausgeglichen werden. Dafür wird vorübergehend eine dritte Elektrode angehängt, die als einzige in Kontakt mit der Außenluft steht. Sie produziert dann Sauerstoff-Ionen, die den Verlust im Akku wieder ausgleichen. Dies verleiht den Batterien eine besonders lange Lebensdauer.
„Dies steht in Kontrast beispielsweise zu Lithium-Ionen-Akkus, bei denen Lithiumverluste durch parasitische Reaktionen oft dauerhaft sind und zur irreversiblen Degradierung der Kapazität führen“, erklärt das Team.
Gute Alternative für stationäre Energiespeicher
Nach Ansicht der Forscher ist die neue Sauerstoff-Ionen-Batterie damit zumindest in einigen Anwendungen wie stationären Stromspeichern eine sehr gute Alternative zu gängigen Lithium-Ionen-Akkus. „Die Stärken unserer Batterie wären gerade dort besonders wichtig: Die lange Lebensdauer, die Möglichkeit, große Mengen dieser Materialien ohne seltene Elemente herzustellen, und die Tatsache, dass es bei diesen Batterien keine Brandgefahr gibt“, betont Schmid.
Das Team hat sein neues Batterie-Konzept bereits zum Patent angemeldet. Parallel dazu wird bereits an optimierten Varianten mit effizienteren keramischen Materialien als Elektroden gearbeitet. Damit ließen sich Schätzungen nach Energiedichten von bis zu 140 Milliwattstunden pro Kubikzentimeter und eine Leistung von zwölf Watt pro Kubikzentimeter erreichen. (Advanced Energy Materials, 2023; doi: 10.1002/aenm.202203789)